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Sorgfaltspflichten für gewerbliches Inverkehrbringen

Den gewerblichen Handel mit Kulturgut treffen neben den allgemeinen Sorgfaltspflichten gemäß der Regelungen in den §§ 42 ff. Kulturgutschutzgesetz (KGSG) besondere Sorgfaltspflichten.


Gewerbliches Inverkehrbringen

Zur Interpretation des Merkmals „gewerblich“ kann auf den gängigen Gewerbebegriff zurückgegriffen werden. Ein Gewerbe ist jede erlaubte, selbständige, nach außen erkennbare Tätigkeit, die planmäßig, für eine gewisse Dauer und zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübt wird. Angesichts dieser Definition wird deutlich, dass z.B. Sammlerinnen und Sammler, die im Rahmen der Umstrukturierung ihrer Sammlung ab und an ein Kulturgut verkaufen, damit nicht zu gewerblichen Kunsthändlern werden. Gleiches gilt für Unternehmerinnen und Unternehmer, deren Unternehmenszweck nicht der Handel mit Kulturgut oder dessen Vermittlung ist, sondern die nur im Einzelfall unternehmenseigenen oder privaten Kunstbesitz veräußern.


Ausnahmen

Von den spezifischen Sorgfaltsanforderungen für den gewerblichen Kulturguthandel ausgenommen sind der Buchhandel, sofern kein Antiquariatshandel vorliegt, und der Handel mit Bild- und Tonträgern (§ 42 Absatz 2 Nr. 1 und 2 KGSG). Ebenfalls nicht anzuwenden sind die besonderen Anforderungen für das gewerbliche Inverkehrbringen auf Kulturgut, dessen Wert 2.500 Euro nicht übersteigt und das (kumulativ) auch kein archäologisches Kulturgut ist (§ 42 Absatz 3 KGSG). Für Münzen können Sonderbestimmungen gelten, wenn sie Massenware darstellen (vgl. näher hierzu die Ausführungen in der Handreichung zum KGSG, ab Seite 211).


Anforderungen

Grundsatz

Die Sorgfaltspflichten bei gewerblichem Inverkehrbringen umfassen neben der allgemeinen Sorgfaltsanforderung einen Katalog von sieben Maßnahmen, die das Kulturgutschutzgesetz in § 42 Absatz 1 auflistet. Danach besteht eine Verpflichtung, vor dem Inverkehrbringen

1. Name und Anschrift des Veräußerers, des Einlieferers, des Erwerbers oder des Auftraggebers festzustellen,

2. eine Beschreibung und eine Abbildung anzufertigen, die geeignet sind, die Identität des Kulturgutes festzustellen,

3. die Provenienz des Kulturgutes zu prüfen,

4. Dokumente, die eine rechtmäßige Ein- und Ausfuhr belegen, zu prüfen,

5. Verbote und Beschränkungen zur Ein- und Ausfuhr sowie zum Handel zu prüfen,

6. zu prüfen, ob das Kulturgut in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen und Datenbanken eingetragen ist, und

7. eine schriftliche oder elektronisch übermittelte Erklärung des Einlieferers oder Veräußerers einzuholen, dass dieser berechtigt ist, über das Kulturgut zu verfügen.


Der Umfang der Prüfpflichten zu den Nummern 3 bis 6 wird im konkreten Einzelfall grundsätzlich durch den zumutbaren Aufwand beschränkt. Dieser bemisst sich etwa nach der Zugänglichkeit der zu prüfenden Informationen sowie nach wirtschaftlichen Kriterien.


Erhöhte Anforderung

Strengere – wertunabhängige – Anforderungen gelten hingegen für Kulturgut spezifischer Herkunft. In drei vom Gesetzgeber abschließend aufgezählten Konstellationen gilt die Begrenzung auf den zumutbaren (wirtschaftlichen) Aufwand nicht. Es sind verstärkte Nachforschungsaktivitäten zu unternehmen, bevor dieses Kulturgut im Handel angeboten werden darf. Dies betrifft:

1. Objekte, bei denen nachgewiesen ist oder die im Verdacht stehen, dass sie NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden (§ 44 Nr. 1 KGSG),

2. Kulturgut aus Herkunftsregionen, für die der Internationale Museumsrat (ICOM) eine sogenannte „Rote Liste“ besonders gefährdeter Kulturgüter herausgegeben hat (§ 44 Nr. 2 KGSG) und

3. Kulturgut, für das ein Einfuhr-, Ausfuhr- oder Inverkehrbringensverbot nach einer Verordnung der Europäischen Union maßgebend ist (§ 44 Nr. 3 KGSG). Aktuell sind dies die Syrien-Verordnung von 2013 sowie die Irak-Verordnung von 2003. Die seit 2019 sukzessive in Kraft tretende allgemeine Verordnung über die Einfuhr und das Verbringen von Kulturgut aus Drittstaaten in die Europäische Union fällt aufgrund des auf besonders gefährdete Objektgruppen reduzierten Schutzzwecks von § 44 Nr. 3 KGSG nicht unter diese Bestimmung.

Grund für die erhöhten Anforderungen ist es, dass anderenfalls eine verstärkte Aufmerksamkeit bei Stücken mit den beschriebenen besonderen Merkmalen gerade für Objekte vergleichsweise niedriger Preisklassen kaum erreicht werden könnte.

Lassen sich jedoch trotz intensiver Bemühungen keine weiteren Informationen er-langen, sind die Sorgfaltsanforderungen als erfüllt anzusehen.


Erleichterte Anforderungen

Erleichterungen sieht das Gesetz für den unmittelbaren Direkterwerb und für den Weiterverkauf vom Urheber oder Hersteller erworbener Kulturgüter vor (§ 43 KGSG). Danach sind neben den allgemeinen Sorgfaltspflichten in diesen Fällen nur die Anforderungen des § 42 Absatz 1 Nr. 1 (Erfassung von Name und Anschrift des Veräußerers/ Einlieferers/ Erwerbers/ Auftraggebers) sowie Nr. 2 (Beschreibung und Abbildung des Kulturguts) zu erfüllen. Dies begünstigt vor allem den primären Kunsthandel wie Atelier- und Galerieverkäufe.


Dokumentations- und Auskunftspflichten

Die Erfüllung der gewerblichen Sorgfaltspflichten ist durch entsprechende Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu dokumentieren (§ 45 KGSG). Zur Absicherung dieser Dokumentationspflichten sieht das Gesetz eine Auskunftspflicht zugunsten der zuständigen Behörden vor (§ 46 KGSG).


Weitere Informationen

Nähere Einzelheiten zu Sorgfalts-, Aufzeichnungs- und Auskunftspflichten nach dem KGSG beinhalten

• der Leitfaden für die Einfuhr von Kulturgut nach Deutschland und die Sorgfaltspflichten beim Inverkehrbringen von Kulturgut und

• das Schaubild zu den Sorgfaltspflichten bei gewerblichem Inverkehrbringen.

Nähere Informationen zum gewerblichen Antiquariatshandel sind verfügbar im Merkblatt zu den Anforderungen an die Sorgfaltspflichten für den gewerblichen Antiquariatshandel und den Handel mit Grafiken.

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