EU-Austritt Großbritanniens
Zum 1. Februar 2020 ist Großbritannien aus der EU ausgetreten. Die seit diesem Zeitpunkt bestehende Übergangsphase, in welcher alle bisherigen Regelungen unverändert fortgalten, endete mit dem Ablauf des 31. Dezember 2020. Was dies für den grenzüberschreitenden Kulturgutverkehr bedeutet, haben wir nachfolgend für Sie zusammengefasst.
Ungeachtet der am 24. Dezember 2020 erzielten Einigung über ein Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Großbritannien ist dieses am 1. Januar 2021 aus Binnenmarkt und Zollunion ausgeschieden. Der grenzüberschreitende Kulturgutverkehr unterfällt damit nun den Regeln, die die EU für den Kulturgutverkehr mit Drittstaaten aufgestellt hat. Dies bedeutet konkret:
Ausfuhr von Kulturgut
Auf Großbritannien finden seit dem 1. Januar 2021 die Bestimmungen der EU-Ausfuhrverordnung VO (EG) Nr. 116/2009 für die Ausfuhr von Kulturgut in Drittstaaten Anwendung. Die darin enthaltenden Alters- und Wertgrenzen entscheiden über die Einordnung eines Kulturguts als genehmigungspflichtig.
Zu beachten ist dabei:
Die Alters- und Wertgrenzen sind niedriger angesiedelt als die entsprechenden Werte für Ausfuhren von Kulturgut innerhalb der EU. Durch den Statuswechsel Großbritanniens können daher Objekte nun einer Ausfuhrgenehmigungspflicht unterliegen, für die dies bisher nicht zutraf. Nähere Informationen dazu finden Sie in der vergleichenden Übersicht der geltenden Alters- und Wertgrenzen für die Ausfuhr innerhalb und jenseits der EU.
Auch die sog. „Laissez Passer“-Regelung (§ 24 Absatz 8 KGSG), wonach trotz Überschreitens der relevanten Alters- und Wertgrenzen bei einer beabsichtigten Ausfuhr in den EU-Binnenmarkt keine Genehmigungspflicht besteht, wenn das betreffenden Kulturgut zuvor nachweislich nur für einen vorübergehenden Zeitraum von bis zu zwei Jahren nach Deutschland eingeführt worden ist, gilt nicht mehr für Ausfuhren nach Großbritannien. Erreicht das fragliche Kulturgut die Alters- und Wertgrenze nach Anhang I der Verordnung (EG) 116/2009 vom 18. Dezember 2008 über die Ausfuhr von Kulturgütern ist bei der zuständigen obersten Landesbehörde eine Ausfuhrgenehmigung zu beantragen.
Kulturgut bewahrende Einrichtungen im Bundesgebiet, die eine allgemeine offene Genehmigung (§ 25 KGSG) für Drittstaatenausfuhren besitzen, müssen seit dem 1. Januar 2021 diese für die vorübergehende Ausfuhr von Kulturgütern nach Großbritannien nutzen. Sofern eine solche Genehmigung nicht oder nur für die EU vorhanden ist, wird den Einrichtungen eine zeitnahe Beantragung bei der zuständigen Landesbehörde empfohlen. Die allgemeine offene Genehmigung gilt grundsätzlich für fünf Jahre und kann in dieser Zeit unbeschränkt für Kulturgutausfuhren genutzt werden.
Die Wiederausfuhr von Leihgaben nach Großbritannien fällt regelmäßig nicht unter die Genehmigungspflicht der Verordnung (EG) Nr. 116/2009 über die Ausfuhr von Kulturgütern. Dies gilt jedoch nicht für Übergangssachverhalte. Auf unserer Webseite finden Sie außerdem nähere Informationen speziell zu den Auswirkungen des Brexit auf den internationalen Leihverkehr.
Allgemeine Informationen zu den kulturgutschutzrechtlichen Ausfuhrbestimmungen finden Sie in der Rubrik Ausfuhrbestimmungen.
Die zuständigen Behörden und Ansprechpartner für Ihre Fragen rund um die Genehmigung von Kulturgutausfuhren sowie die zugehörigen Antragsformulare finden Sie mit Hilfe des Behördenfinders.
Kulturguteinfuhren nach Deutschland
Allgemeine Informationen zu den Einfuhrbestimmungen für Kulturgut nach Deutschland finden Sie unter der Rubrik Einfuhrregelungen.
Soweit es sich um Kulturgüter handelt, die aus Großbritannien nach Deutschland eingeführt werden und ihren Ursprung nicht in einem der verbleibenden EU-Mitgliedstaaten haben, ist seit dem 1. Januar 2021 die EU-Verordnung (EU) 2019/880 über das Verbringen und die Einfuhr von Kulturgütern anzuwenden. Danach darf illegal ausgeführtes Kulturgut mit Ursprung in Großbritannien oder in einem anderen Drittland nicht in die EU eingeführt werden. Weitere Maßnahmen, wie eine Genehmigungs- bzw. Erklärungspflicht für die Einfuhr bestimmter Objektgruppen werden ab 2025 zur Anwendung gelangen.
Einen Überblick über die Bestimmungen der EU-Verordnung finden Sie in der Rubrik EU-Verordnung über das Verbringen und die Einfuhr von Kulturgütern.
Zollrechtliche Bestimmungen
Die vorstehenden Informationen beschreiben die Auswirkungen des Brexit auf die anzuwendenden kulturgutschutzrechtlichen Ein- und Ausfuhrbestimmungen. Hiervon zu unterscheiden sind die zollrechtlichen Bestimmungen für den Warenverkehr mit Drittstaaten außerhalb des Zollgebiets der Europäischen Union.
Nähere Informationen zu den infolge des Brexit zur Anwendung gelangenden zollrechtlichen Bestimmungen finden Sie auf den Webseiten des Deutschen Zolls.
Bitte beachten Sie, dass es aufgrund der künftig durchzuführenden Zollformalitäten sowie etwaiger kulturgutschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren zu Verzögerungen der gewohnten Zeitabläufe kommen kann. Bitte tragen Sie diesem Umstand bei Ihren Planungen Rechnung.
Sendungen, die am 1. Januar 2021 unterwegs sind
Die Verbringung von Kulturgut zwischen der EU und Großbritannien, die vor dem Ablauf der Übergangsphase begonnen wurde, jedoch zum 1. Januar 2021 noch nicht angeschlossen ist, ist nach den Bestimmungen des Austrittsabkommens bis zum Abschluss dieser Verbringung als eine solche innerhalb der EU anzusehen.
Rückgabemechanismen für Kulturgut
Die Richtlinie 2014/60/EU über die Rückgabe von Kulturgut zwischen EU-Mitgliedstaaten sowie die diese umsetzenden Regelungen des deutschen Kulturgutschutzgesetzes (KGSG) finden seit dem 31. Dezember 2020 keine Anwendung mehr auf Großbritannien. Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Großbritannien sieht deshalb hierfür eine Regelung vor, welche die Prinzipien der vorgenannten Rückgaberichtlinie fortführt.
Allgemeine Informationen zu Rückgabemechanismen für Kulturgut finden Sie unter der Rubrik Rückgabemechanismen.
Weiterführende Informationen
Die Europäische Kommission hat eine Mitteilung mit weitergehenden Hinweisen speziell zu den Auswirkungen des Brexit auf die Kulturgutausfuhr veröffentlicht. Dort finden Sie auch Hinweise zu den Folgen des Brexits für den Kulturgutverkehr mit Nordirland.
Auf der Webseite der Bundesregierung finden Sie außerdem einen Überblick über die wichtigsten Informationsangebote rund um das Thema Brexit.