Allgemeine Regelungen
Zahlreiche Regelungen des Kulturgutschutzgesetz (KGSG) stärken die Rechtspositionen von Sammlerinnen und Sammlern unabhängig davon, ob die Sammlung sich üblicherweise im Ausland oder im Inland befindet.
Verbesserter Schutz von Leihgaben an öffentliche Kulturgut bewahrende Einrichtungen im Inland
Für Sammlerinnen und Sammler in ihrer Funktion als Leihgeber von Interesse ist zunächst die Möglichkeit, am pauschalen Schutz von Museumsbeständen nach § 6 Absatz 2 KGSG teilzuhaben, wenn ein Objekt als Leihgabe in eine öffentlich getragene oder finanzierte Kulturgut bewahrende Einrichtung gegeben wird. Nach dem KGSG sind alle Sammlungsobjekte solcher Einrichtungen - insbesondere also von Museen, Bibliotheken oder Archiven - generell als „nationales Kulturgut“ geschützt (§ 6 Absatz 1 Nummer 2 und 3 KGSG).
Diese Sammlungsbestände genießen damit auch ohne individuelle Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturguts einen besonderen Schutzstatus. Wird ein Objekt, das zu einem solchen Sammlungsbestand gehört, gestohlen und ins Ausland gebracht, so können neben den eigentumsrechtlichen Herausgabeansprüchen auch erweiterte europa- und völkerrechtliche Rückgabeansprüche Anwendung finden. Diese haben den Vorteil, dass sie
- wesentlich später als der eigentumsrechtliche Herausgabeanspruch verjähren (75 Jahre statt 30 Jahre nach der Entziehung),
- die Rückgabeansprüche nicht durch einen etwaigen zwischenzeitlichen Eigentumserwerb eines Dritten gehindert werden und
- die Rückgabeansprüche nicht vom Eigentümer im Ausland verfolgt werden müssen - die übernimmt die Bundesrepublik Deutschland für den Eigentümer.
Sammlerinnen und Sammler, die einer solchen Kulturgut bewahrenden Einrichtung in Deutschland ein Werk als Leihgabe zur Verfügung stellen, können auf Wunsch für die Dauer ihrer Leihgabe an diesem Schutz teilhaben. Ihr Eigentum erhält damit vorübergehend und jederzeit widerruflich den Status als „nationales Kulturgut“. Eine Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes ist hiermit nicht verbunden.
Zusätzliche Rechtssicherheit durch sog. Negativattest
Die Eintragung eines Kulturgutes in ein Verzeichnis für national wertvolles Kulturgut ist nach § 7 KGSG an strenge Voraussetzungen geknüpft. Voraussetzung ist danach, dass das Kulturgut
„besonders bedeutsam für das kulturelle Erbe Deutschlands, der Länder oder einer seiner historischen Regionen und damit identitätsstiftend für die Kultur Deutschlands ist und seine Abwanderung einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz bedeuten würde und deshalb sein Verbleib im Bundesgebiet im herausragenden kulturellen öffentlichen Interesse liegt.“
Nur sehr, sehr wenige Kulturgüter erfüllen diese Voraussetzungen. Daher ändert sich durch das KGSG nichts an der seit Jahrzehnten sehr restriktiv betriebenen Eintragungspraxis. Gleichwohl hat der Gesetzgeber mit dem KGSG erstmals die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen von der zuständigen obersten Landesbehörde eine verbindliche Negativ-Feststellung zu erhalten (vgl. § 14 Absatz 7 KGSG).
Der Bewertungsmaßstab richtet sich dabei ebenso wie in einem Eintragungsverfahren nach § 7 KGSG, jedoch ist anders als in einem Eintragungsverfahren die Einbindung eines Sachverständigenausschusses nicht zwingend erforderlich.
Dabei kann ein solches „Negativattest“ im Einzelfall auch für im Ausland befindliches Kulturgut erteilt werden, wenn ein berechtigtes Interesse für eine solche Feststellung besteht. Ein solches „berechtigtes Interesse“ setzt voraus, dass
- die Verbringung des Werkes nach Deutschland konkret beabsichtigt ist (z.B. im Rahmen eines Umzuges),
- kein spezielleres gesetzliches Instrument mit gleicher Schutzwirkung zur Verfügung steht (insbes. Zusicherung nach § 10 Absatz 7 für Leihgaben aus dem Ausland an eine Kulturgut bewahrende Einrichtung im Inland) und
- nicht gleichzeitig für das Kulturgut eine Rechtsverbindliche Rückgabezusage nach § 73 beantragt und erteilt wird (deren Wirkungen umfassen gemäß § 76 Absatz 1 Nummer 2 einen Eintragungsausschluss).
Im Ausland befindliches Kulturgut kann zudem nur dann ein Negativattest erhalten, wenn hierfür eine konkrete Inaugenscheinnahme (insbesondere also eine nähere Begutachtung unter Beteiligung des Sachverständigenausschusses) nicht erforderlich ist, die Sachlage also unzweifelhaft gegen das Vorliegen der Eintragungsmerkmale nach § 7 Absatz 1 KGSG spricht.
Mit der Negativfeststellung verbunden ist gleichzeitig eine Befreiung von dem Genehmigungserfordernis für die Ausfuhr von Kulturgut aus Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat.
Verbesserungen der Rechtsposition der Erwerber von Kulturgut
Die Rechtsposition von Sammlerinnen und Sammlern, die seit dem Inkrafttreten des KGSG in Deutschland Kulturgut erwerben, ist durch das Gesetz erheblich gestärkt worden. Dazu tragen die nunmehr verbindlich festgeschriebenen Sorgfaltspflichten für den professionellen Handel mit Kulturgut bei.
Das Gesetz verbietet darüber hinaus ausdrücklich das Inverkehrbringen von Kulturgut, das abhandengekommen ist (beispielsweise gestohlenes Kulturgut), das rechtswidrig ausgegraben oder unrechtmäßig eingeführt wurde. Haben Sammlerinnen und Sammler derartige Kulturgüter erworben, so kann nach § 40 Absatz 2 KGSG vom Veräußerer Schadenersatz unter Einschluss des Ersatzes der Aufwendungen anlässlich des Erwerbs und der Aufwendungen zur Erhaltung des Kulturgutes verlangt werden. Dies gilt nur dann nicht, wenn der oder die Veräußernde diesen Verstoß nicht zu vertreten hat, er oder sie also mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt hat.
Wichtiger noch für Sammlerinnen und Sammler kann allerdings das Einsichtsrecht nach § 48 KGSG sein: Sammlerinnen und Sammler, gegen die auf der Grundlage der im KGSG umgesetzten europarechtlichen oder völkerrechtlichen Rückgabeansprüche oder aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften gerichtlich ein Anspruch auf Herausgabe des Kulturgutes geltend gemacht wird, haben gegenüber demjenigen, der das Kulturgut gewerblich in Verkehr gebracht hat, einen Anspruch auf Einsichtnahme in dessen professionelle Aufzeichnungen. Das Gleiche gilt bei einer außergerichtlichen Inanspruchnahme, insbesondere auch in den Fällen, in denen geltend gemacht wird, das fragliche Kulturgut sei während der NS-Zeit verfolgungsbedingt entzogen worden.